parthische Kunst

parthische Kunst
pạrthische Kunst,
 
die Kunst der Parther unter der Dynastie der Arsakiden (247 v. Chr.-224 n. Chr.). Die parthische Kunst weist v. a. seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. bestimmte einheitliche Züge auf, die sich weit über das Kerngebiet (Iran) hinaus auch im - ehemaligen babylonisch-assyrischen - Reichsgebiet beobachten lassen; Funde stammen v. a. aus den Randzonen. Für Befestigungen, Palast- und Tempelbauten verwendete man Backstein-, Lehmziegel- oder Schalenmauern und wandte die Wölbetechnik an. Hallen wurden mit Tonnengewölben geschlossen oder mit Kuppeln über dem Quadrat. Der Iwan, die zum Hof geöffnete, auf der Rückseite geschlossene tonnengewölbte Halle, wurde erstmals in parthischen Palastanlagen gebaut, in Nisa, Damgan, Assur, dessen Hoffassade in Berlin (Museumsinsel, Vorderasiatisches Museum) wieder aufgebaut ist, Uruk und Hatra. Meist flankieren zwei schmalere Iwane den mittleren, der als Empfangshalle diente. Die Festungsmauern waren sehr hoch (mit Schießscharten), die rechteckigen Türme vorgezogen. Stadtanlagen wurden oft rund errichtet (Merw, Hatra, Kuh-e Chodje); man vermutet als Ursprung den Lagerplatz der nomadischen Parther, wie er z. B. noch in der (späteren sassanidischen) Bebauung von Ktesiphon nachwirkt. Der parthische (Feuer-)Tempel hatte eine fensterlose Cella mit Vorhalle, stand auf einer Terrasse und besaß eine Umfassungsmauer (Mansur Tepe bei Nisa und die Tempel in Nisa selbst, Dura-Europos, Taxila, Assur, Hatra), es gab auch Felsheiligtümer (Gali Serdak, östlich von Mosul).
 
Plastik und Malerei lösten sich seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. ganz von achaimenidischen und hellenistischen Stilelementen. Charakteristisch ist die Frontalansicht in starrer Haltung, der Blick der großen Augen auf den Betrachter gerichtet. Häufig ist eine Opferszene, zuerst belegt auf dem Fresko des Konon (Dura-Europos, Tempel der palmyren. Gottheiten), dann auf Felsreliefs. Könige und Götter wurden in der Steppentracht (Ärmelrock, lange Hose) der nordostiranischen Stämme dargestellt (Statuen aus Tacht-e Suleiman und Hatra), die Kopfbedeckungen sind auch auf den Münzen überliefert. Berühmte Kopffragmente stammen aus Hatra und Susa. Weitere Motive sind Bankettszenen (Totenmahl), Reiterkampf (Zweikampf), Bogenjagd (das Pferd in gestrecktem Galopp), Huldigungsszenen (Bisutun), Masken (Gesichter), z. B. als Fassadenschmuck (Hatra); Stuck wurde verwendet (Kuh-e Chodje, Uruk), eine wohl aus Ostiran stammende Technik (in Nisa wurden jedoch in hellenistischer Tradition Terrakotten hergestellt). Die Kleinkunst zeigt schöne polychrome Goldschmiedearbeiten: Gürtelbeschläge, Schmuck mit Zellenschmelz und Halbedelsteinen, aus Elfenbein geschnitzte Trinkhörner (Nisa), kleine Bronzen, grün glasierte Keramik.
 
 
R. Ghirshman: Iran. Parther u. Sassaniden (a. d. Frz., 1962);
 D. Schlumberger: Der hellenisierte Orient (a. d. Frz., 1969);
 M. A. Colledge: Parthian art (Ithaca, N. Y., 1977);
 M. Y. Kiani: Parthian sites in Hyrcania. The Gurgan plain (Berlin 1982);
 V. M. Masson: Das Land der tausend Städte (a. d. Russ., 1982);
 B. Brentjes: Steppenreiter u. Handelsherren. Die Kunst der Partherzeit in Vorderasien (Leipzig 1990);
 H. von Gall: Das Reiterkampfbild in der iran. u. iranisch beeinflußten Kunst parth. u. sassanid. Zeit (1990).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Parther: Architektur und Plastik
 

Universal-Lexikon. 2012.

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